Dodentocht 3.0

Agust 2013

Dodentocht Runde 3.

Erneut zum Dodentocht. Mit Hüfte? Käse. Muß man so sehen. Daher wusste auch vorher fast niemand von der Idee zum Start. Ich musste mir nicht auch noch anhören, was ich eh wusste: Ich sollte so was nicht machen. Ich würde es auch nicht allein machen. Barbara wollte diesmal mit. Unser Ziel war das Ziel. Allerdings hatten wir bereits im Vorfeld geahnt, dass könnte eng werden. Ich war genau zweimal wandern, ein bisschen Rad fahren. Aber das nenne selbst ich nicht Training. Halten wir fest: Nix Training und kaputte Hüfte. Das sollte also was werden.
Zum Start brachte mich wieder mal der Bistropanzer. 6 Stunden durch D,NL und BE und ich parkte im Parkhaus vom Sint Jacob Hospital. Ein bisschen lang machen, dann die Startunterlagen holen, ein bisschen lang machen. Dann Babara treffen. Kurz ein paar Sachen im Bistorpanzer deponieren und dann in Bornem nach etwas zu essen suchen. Läden gibt es genug. Frei Stühle nicht. Aber wir finden was. Ein bisschen reden. Immerhin kennen wir uns nicht. Noch ein Besucht in der Schlange der Sanitären Einrichtungen und ab geht es in den Startbereich. Diesmal ist es noch voller als sonst. Wir finden einen Platz wo wir noch mal die Beine ausstrecken können. Das vorher Bild wird angefertigt und dann stehen wir in der Menge. Es scheint als ob der Start erfolgt ist. Dauert aber noch eine ganze Weile bis wir Teil der Bewegung sind und noch viel länger bis wir irgendwo da sind wo man einen Start vermuten könnte. Vermuten? Ja, wir haben es zumindest nicht erkennen können wo nun genau die Nulllinie, der echte Beginn der 100km ist. Egal. Wer schaut schon auf den km. Werden ja noch genug davon kommen. Hoffen wir.


Also los. Voll ist es. Zunächst können wir eigentlich nur schnell stehen. Oder so. Also nicht wirklich gehen. Das kommt erst so nach ca. 1km. Bis dahin ist es zäh. Raus aus Bornem. Andere Richtung als letztes mal. Glaube ich. Wasser rechts. Egal. Geht sowieso noch mal zurück nach Bornem. Zwischendurch nur einmal was zu trinken. So richtig viel Kalorien gönnt man uns nicht. Endlich am Ortsausgang von Bornem, am Ende des zweite Kontakts mit dem 100km Dorf, gibt es Kalorien. Reistörtchen. Ich sage es mal so: Ohne den brennenden Hunger. Also ohne den. Würden die da noch liegen. So habe ich zwei davon in meinen Magen gedrückt. Lecker geht anders. Das ganze mit Limetten Iso Plörre gespühlt. Da fragt die Perestaltik schon mal an, ob sie auf reverse schalten soll. Blieb aber drin. Belgien, dass Land der Kulinarischen Herausforderungen.
16km ca. haben wir jetzt. Es wandert sich ganz gut. Die Hüfte ist präsent aber sie arbeitet routiniert und lässt mich nicht im Stich. Wobei ich mir schon anhören muß, dass mein Gangbild sehr eigenartig sei. Ist mir nicht so aufgefallen. Ich dachte es ginge. Aber von außen und wohl insbesondere von hinten scheint es merkwürdig zu sein. Es geht weiter. Wir sind laut GPS ca. 5,5km/h schnell. Das ist OK. Nicht zu schnell. Wir müssten im Mittel 4,2km/h schnell sein um das Ziel sub 24 zu erreichen. Nun gut, wir machen ja auch Pausen und die müssten wir durch schnelleres gehen wieder gut machen. Scheint zu gehen. Wir kommen voran. Aber die Lücken zwischen den Verpflegungsstationen. Äh Trinkstationen. Also diese Lücken, die sind für uns recht lang. Mit unserem Tempo dauert es schon. Trinkstationen. Warum das? So richtig kommt das mit dem Essen nicht in Schwung. Mal ein Keks. Eine Bannane. Ein Becher Suppe und ein Art Weissbrot. Aber natürlich nicht alles an einem Ort. Nein. Einmal gibt es die fiesen Törtchen. An der nächsten Station, wir erinnern uns, ca. 2 Stunden Abstand, dann einen Keks. Wieder zwei Stunden später die Bannane. Liebe Dodentochts, an dem Futter habt Ihr mächtig Luft nach oben. Ehrlich. Da geht was. Und ich sage das nicht für mich, denn wer weiß ob ich noch mal zu dem Ding fahren werde.


OK Futter war nicht so. Der Weg. Die Strecke. Die Häuser. Auch Wahnsinn. Man läuft ja nicht wirklich einen großen Kreis. Die Strecke ist in dieses Flandern hineingefaltet und man kommt immer mal wieder durch einen Ort wo man schon war. Die Belgier haben auch eine spaßige Architektur. Bunker ähnliche Häuser, alte Häuser, Reihenhäuser ohne Reihe. Schon witzig. Und im Garten Gerüste an die man Sträucher bindet. Spaliere. Noch nie habe ich ähnliches in diesem D-Land gesehen. Und die Menschen. Einige mit lauter Muke in der Garage, die meist einen direkten Zugang zum Haus hat. Da sitzt in der einen Garage eine kleine Band und spielt Rock, in der nächsten Garage der Alte Mann an der Hammond Orgel versucht dem Thema etwas entgegen zu setzen. Augenkrebs bekommen wir an einer Techno Insel mit Laser Show und Stroboskop. Das wir schräg gehen müssen um uns gegen die Schallwellen zu stemmen könnte ich auch noch erwähnen.


So vergeht die Zeit. 30km. Wow. Wir sind gut. Nun kommt ein langer Block. Erst bei ca. km 39 gibt es einen weitere Verpflegungspunkt. Ich übersetze das mal in Stunden. Übrigens etwas wofür ich mir beim wandern immer mal einen Raunzer eingehandelt habe. Nicht immer sind wahre Zahlen das Wahre. Also 9km sind bei 4.5km/h zweit Stunden Fuß vor Fuß. Fuß vor Fuß. Darauf achten, dass man niemandem in die Hacken tritt. Fuß vor Fuß. Mit einer Hüfte die sitzen deutlich höher einstuft als stehen und stehen als angenehmer empfindet als Gehen. Die Hüfte beschert mir immer mal wieder einen Stolperschritt mit oder wegen einem stechenden Schmerz. Jedesmal liebevoll kommentiert. Dadurch zwar geteiltes Leid. Aber schmerzhaft dennoch. Ich bin nicht sicher wie lange das noch gehen. Ich muß es noch beobachten. Aber gut sieht es nicht aus.
Bei km 39 wird gesessen, gefuttert und beschlossen, dass bei km 50 Schluss sein wird. Denn die Hüfte wird nicht besser und Barbara äußert sich auch zunehmend unzufriedener über den Zustand Ihres Antriebsstrangs. Also Schluss bei 50. Ich übrigens habe es nicht zuletzt beschlossen, weil ein sehr netter wichtiger Mensch mir ein paar Dinge aufgezählt hat für die man auch eine Hüfte brauchen kann. Darunter übrigens einige die sehr schön sind und auf die ich mal gar nicht verzichten möchte! Die Entscheidung ist damit nicht allein aus mir heraus, sondern auch aus meinem Freundeskreis heraus getroffen worden. Danke Freunde! Ich brauche das Ding noch, ich werde auf die netten Sachen noch zurück kommen und 50km sind auch eine Strecke. Vielleicht reicht es später irgendwann mal wieder für mehr. Das Jahr ist noch lang und im Winter wird die Hüfte sogar gekühlt.


So nun mussten also noch die letzten 11km verspachtelt werden. 11km. Wir waren langsamer. 2 Stunden würden nicht reichen. 2:30 vielleicht. Oder sogar 3? Wenn man nicht mehr mag. Wenn man nicht mehr stehen möchte. Wenn man die Füße nicht mehr voreinander setzen möchte. Nicht ein einziges Mal. Dann sind 11km. Mindestens 11tausend mal Füße voreinander setzen. Mindestens 2:30 stehen, dann ist das Mist. Das will man nicht. Das will der Körper nicht. Der Kopf nicht. Aber der Kopf war es, der gesagt hat: Egal. Mach weiter. Das sollte doch machbar sein. Also machten wir es. Denn ersten Schritt. Unelegant wie nichts. Wie schnell doch die Beine vergessen wie gehen geht. Es sieht aus, als ob es die ersten Schritte überhaupt sind. Die Fußsohlen qualmen und wollen nicht belastet werden. Die Muskeln finden Ihre starre Fixierung gut und wollen diese nicht aufgeben. Erst nach schmerzhaften Gehübungen der unheimlichen Art sieht es aus als wir das schon mal gemacht hätten. Leider sind die Schmerzen so, dass wir nicht mehr so lange durch halten. Wir machen häufiger Stopp und machen jedes Mal die gleichen ungelenkten Startübungen. Murks. Aber so ist das.
Kraft ist übrigens nicht mein Problem. Die scheint noch ausreichend vorhanden. Stehen und Druck auf der Hüfte. Das ist unangenehm. Ich habe in den Minuten in denen ich nicht geredet habe viel darüber nachgedacht ob es Bewegungsformen gibt, die keinen Druck auf die Hüfte ausüben. Aber in Ermangelung von Starkregen und/oder dem Streckenverlauf folgenden Kanälen oder Gewässern fiel Schwimmen schon mal aus. Auf den Händen laufen konnte ich als Kind mal und dann auch nur für 2-3 "Schritte". Auch das war es nicht. Da ich nicht gesellschaftlich geächtet werden wollte konnte ich auch nicht einen der anwesenden Rollis bitten mir sein Gefährt zu überlassen. Barbara erschien mir nicht mehr in der Lage mich tragen zu können und für fliegen war ich zu fett. Mir blieb also nichts übrig. Würde ich weiter voran kommen wollen, würde ich gehen müssen. Egal was dieses Gelenk am linken oberen Ende meines Beines davon halten möge.


Noch ein kleiner Exkurs für all die unter uns, die hin und wieder Mais essen. Maisfelder bieten gute Deckung für dies und das. Im Fall des Dodentocht eher für das. Und zwar reichlich für das. Es wird also vermutlich zum einen eine super Ernte zum anderen aber eventuell auch ein Grund einen Bogen um belgischen Mais zu machen. Ich zumindest werde mir das gut überlegen.


Der letzte Halt ist nur noch ca. 2,5km vor der Brauerei von Palm. 30min sollten knapp reichen. So denken wir. Nur denken die km es nicht. Wir kommen nicht so voran wie die Planung es erwarten würden. Aber dann, der Weg mit den Birken. Der hätte hier noch nicht sein dürfen. Aber er ist da. Und es gut. Denn es sind die letzten Meter zur Brauerei. Und da, vor der Brauerei das Schild 50km. Noch ein paar Fotos. Dann rein in die Brauerei. Scannen. Ich gehe extra solo durch, damit ich auch wirklich gescant werde. Nur es funktioniert nicht. Ich werde erst 1:30 später beim Gang zum Besenbus gescannt. Doof, aber nicht zu ändern. Ich weißja, dass ich zusammen mit Barbara über die Matte gegangen bin.


In der Halle das bekannte gewusel. Hier sind viele die Ihre Nudel abholen. Futter wie gesagt ein Thema. Nudeln nur gegen Zuzahlung. Wir hatten zugezahlt. Wir hatten Hunger durch die Diätische Ernähung der letzten 50km. Wir nahmen die Nudeln. Gut. Der Magen begrüßte diese feste, nicht süße Nahrung. Etwas in der Art hätte sicher auch früher gut getan. Dann mussten wir rausbekommen wo es zum Besenwagen geht. Das war schneller geschafft als das besteigen desselben. Den vor das Besteigen haben die Götter das vorhanden sein gesetzt und das dauerte ein wenig. Entweder haben dieses Jahr zuviel aufgegeben oder es waren nicht gleichen Organisatoren. Barbara meinte, der Belgier an sich bräuchte immer etwas Anlauf bis die Zusammenhänge erkannt werden. Also, man braucht einen großen Bus, wenn man große Mengen Aufgeber nach Hause fahren möchte. Als unsere Truppe dann Richtung Bus zog gab es noch etwas sehr rührendes. Wirklich. Das hat selbst mir etwas Gänsehaut gemacht. Die sogenannten "Mitwerker" (die dem Belgischen, was ja eigentlich so was wie Niederländisch sein möchte kundigen mögen meine Schreibweise verzeihen), also die, die in der Halle für uns Wanderer alles gute dieser Welt taten, diese Menschen haben mit dem was Sie taten innegehalten und? Genau! Applaudiert. Wir bekamen in der Stunde der gefühlten, wenn auch vernünftigen, Niederlage einen Applaus. Dank liebe Helferleins, dass war wirklich eine Große Geste. Hat gut getan!
Dann in Bornem musste ich noch mal schnell sein. Ich lies Barbara am Bahnhof und beeilte mich den Bistropanzer zu bergen. Leider musste ich einmal um das Dorf herum. Alles gesperrt. Aber ich erreichte den Bahnhof noch so, dass Barbara wieder Ihre Sachen in Empfang nehmen konnte. Ein hektisches Tschüss und ich war allein. Jetzt begann die letzte große Herausforderung. 600km ohne wahrnehmbare Reflexe und mit schweren Augenlidern nach Hause zu fahren. Zweimal habe ich kurz geschlafen. Aus rein eigennützigen Gründen habe ich hierzu allerdings angehalten. Als ich dann die ersten Schritte unter Beobachtung durch meine Sippe machte und diese meinten ich könne ja noch gehen, da dachte ich "murks, dann hätte ich doch noch weitermachen sollen". Aber nein, alles ist gut. Es ist gut, dass ich ohne Schmerzen und gerade gehen kann. Die Hüfte hat gehalten. Und das war das oberste Ziel. Dem Ding keinen Schaden zufügen.