Jungfrau 8.0

Zum 8ten Mal die Jungfrau

Moin,
JFM Release 8.0 - die verschobene Edition

Hinweis: Bilder diesmal am Ende! Also zunächst mal muss ich festhalten: 2012 muss ich da hoch. Ich bin zum 8tem mal dabei. 3 mal habe ich mich mit dem Besenfritzen rumschlagen müssen. Was nervt. 2012 muss ich zum 5ten mal oben ankommen. Und meinen Frieden mit dem Besenfritzen und dem Lauf und überhaupt machen. Das mal vorweg. Nix Besen war der Plan.
Und verschoben? Sag man ja auch bei Betrug. Also das war es nicht. Ich habe nicht mit Streetview eine Abkürzung um die Wand rum gefunden, auch keinen geheimen Stollen unter der Moräne. Das ist es alles nicht, was zu einer Verschiebung geführt hat. Plattentektonik hat auch nicht heimlich die die Strecke schrumpfen lassen, zumindest nicht merklich.
Nein, ich war es selbst. Ich habe etwas verschoben. Den Horizont nämlich. Also nicht Euren, den, den wir alle sehen, nein meinen. Im Kopf. Die Jungfrau war kein dickes Brett mehr. Lächerlicher Bergsprint. Kurzdistanz. Ha. Ich war der Bezwinger des K78. Was ist da eine Jungfrau. Und das mag sich lächerlich lesen, ist aber so. Biel, 100km, auch nett, aber ohne diesen Effekt auf den Kopf. Seit dem K78 ist die Welt eine andere. Vermutlich weil ich da so locker angekommen bin. Ich hab wegen des Gewitters gefroren und im Ziel gezittert vor Kälte. Ja. Aber das war es auch schon. Ein bisschen Wade. Nix weiter. Man hätte denken können ich war gar nicht los. Und wenn man nix spürt war das doch wohl pillepalle was man da gemacht hat. Also entweder hat man nicht alles gegeben oder ist nicht weit genug gelaufen. Beides sagt aber: 42km bergauf? Lächerlich.
Vor 7 Jahren. 2005. Da wachte ich morgens auf der Ladefläche vom Bistropanzer auf und wollte gleich die Jungfrau laufen. Den Hammer Lauf. Die ultimative Belastung. Ich lief und kam an. War stolz. Und heute? Ich wache auf im weichen Bett der Villa und werde gleich einen normalen Berglauf machen. Schöne Kulisse. Man kann scheitern, aber Herausforderung? Naja.
So und nun stehe ich da mit dieser Verschiebung und frage mich, was tun? Weitermachen wie alle anderen Ultras? Nach neuen Strecken suchen, die eine Herausforderung unbekannter Art bieten? Strecken suchen wo ich wieder schreiben kann von offenen Füssen, drohenden Cut Off Zeiten und zerlegten Gehwerkzeugen? Ich fürchte darauf läuft es hinaus. Ich werde es beobachten. Ich habe schon eine Liste.
Aber hier und heute wollte ich die Jungfrau laufen. Am Samstag. Wie der Veranstalter es geplant hatte: Frauen und Alte Männer zuerst. Kinder dürfen ja nicht.
Interlaken ist wie eine zweite Heimat. 8 Besuche hinterlassen ihre Spuren. Unterlagen einsammeln und Unterkunft beziehen waren kein Problem. Zumal ich einen ganzen Tag Zeit hatte dafür. Denn ich war nicht am Freitag Nachmittag - wie geplant - angekommen, sondern bereits um 01:30 am Freitag morgen (quasi Nachts, und definitiv MÜDE). Warum tut man sich so was an? Na habe nicht ich mir angetan sondern die Flugbegleiter der Lufthansa. Durch den Streik war mein Flug am Freitag unsicher und nur ein Ausweichen auf den Donnertag Abend sicherte mir ein garantiertes Ankommen. Daher die kurze Nacht und einen Tag zum vertrödeln in Interlaken.
Am Samstag dann noch Streß. Marianne simmst, dass Sie eventuell einen Zug verpasst, da Ihrer spät dran ist. Das würde ein Eintrudeln erst um 08:22 bedeuten. Unterlagen abholen, Sack abgeben, einsortieren am Start…in 38min? Das würde knapp. Aber dann die Entwarnung, es hat geklappt mit dem Anschluss. So bleiben 1:38 und das ist gut so. Zieht sich alles ein wenig. Aber dann die Beutel für oben sind auf den LKW, die Alphornpuster haben gepustet, die Veranstalter die Nationalhymne gespielt, der Countdown läuft.
9:00. Es ging los. Gewohnt Ohren betäubend war der Knall. Die erste Runde um die Matte und durch den Ort werde ich wohl auch in Zukunft nicht spannend finden. Immerhin bremste das Feld etwas so, dass wir flott aber nicht zu flott liefen. Meiner Wade tat das sicher gut. Aber km 5 waren wir flotter. Na ich wollte halt sub 60 bei den 10 eintrudeln. War wichtig für meinen Kopf. Klappte dann auch ganz knapp. Vielleicht so 30sekunden. Aber sub 60.
In der folgenden Steigung - der ersten überhaupt - konnte ich zunächst noch laufen. Dann aber musste ich flott gehen. Ich denke Marianne hätte hier schon wegziehen können obwohl ich im gehen nicht langsamer war das Feld der Läufer um mich rum. Aber Marianne ist eben schneller als ich. Aber Sie blieb.
So liefen wir nach der Steigung an der Lütschine entlang. Was ganz angenehm war, weil es etwas kühler war als in der Sonne. So ein Bach macht die Luft frisch.
Ich merkte immer wieder, dass ich Marianne bremse, aber Sie blieb bei mir obwohl ich Ihr den "Laufpass" immer wieder angeboten habe. Bis zur Wand und dann wäre ich eh wieder so schnell wie Sie, meinte Sie. Na wir würden sehen. Zumindest konnte ich immer noch laufen. Ich ging an den Steigungen, aber im flachen lief ich. Halbmarathon in 2:18. Da hatte ich auf ein paar Minuten weniger gehofft. Aber mehr war nicht drin.
Die Runde im Tal von Lauterbrunn lief aus meiner Sicht ganz gut. Nicht flott, aber ich lief. Bis zur Wand. Unten noch mal gefuttert und dann ab in die Steigung. Auch hier war Marianne besser zu Fuß als ich. Wenn Sie Ihr Tempo ging - was Sie zum Glück tat - dann war Sie flott ein Stück vor mir. Ich ging für meine Verhältnisse am Limit. Ich spürte immer wieder ein Zucken in der Wade und wusste, einen Schritt schneller und das geht schief.
Aber Marianne wartete immer wieder auf mich. Bisher musste ich in der Wand immer an irgendeiner Stelle mal anhalten und Luft holen, diesmal nicht. Ich wollte Marianne einfach nicht zu viele Wartepausen zumuten und so ignorierte ich das verlangen zu atmen und ging weiter.
Als wir die Wand verließen, erwartete uns die Sonne. Mittlerweile kräftiger als unten im Tal. Immerhin näherten wir uns der 13 Uhr Marke. Mein Wetter. Sonne, warm, herrlich. So stapften wir gemeinsam Richtung Wengen. An dieser Stelle - es ist ja wieder etwas flacher - konnte ich auch ganz gut mithalten. Noch vor 13 überquerten wir die 30km Matte und hatten somit Luft auf den Besenradler, der hier erst um 13:10 auftauchen sollte.
Ein Polster. Ein kleines. Und Wixi war noch fern. 8 km um genau zu sein. Immer ging es sanft bergan. Und ging ist das Stichwort. Ich ging. Ich denke Marianne hätte wohl auch noch häufiger laufen können, ich aber konnte nur noch gehen. Und so gingen wir. Stetig, zügig und im Fluß der Anderen. Die Sonne brannte auf uns herab und trinken jeglicher dargereichter Becher war das Gebot der Stunde. So konnte ich auch die Wade im Zaum halten. Das zwicken war noch da, aber das Gehen tat gut. Die Wade zeigte mir, dass ich so meinen Frieden mit Ihr machen könnte. Als wir Wixi im Tal liegen sahen war es schon nach Zwei. Auch hier nicht wirklich viel Luft auf den Besenknilch. Der würde planmäßig um 14:25 hier zu machen. Aber was solls. Wir waren durch. Noch ein Foto beim Einstieg in die Moräne und jetzt noch gut 2km Bergwandern und gut 1km ausrollen und dann wären wir im Ziel.
Für mich ganz günstig war, dass es hier Gedrängel gab. Es war voll auf der Moräne. Ein Lindwurm von Läufern (Wanderern) zog sich in Richtung blauer Himmel nach oben. Schnell geht anders. Aber für mich OK. Marianne war stets ein wenig vor mir, aber immer noch in Sicht.
Ein Läufer schlug direkt neben uns am Boden ein. Krämpfe. Gefällt wie von einem Blitz. Ein anderer Läufer sofort bei ihm. Weiter oben hörte ich eine Frau zum Sani noch sagen: Mir ist so…. und plumps lag auch Sie. Kreislauf. Ganz oben auf dem Kam der Moräne lag eine Frau im Staub. Krämpfe. Auf die Frage nach Hilfe, sagte Sie das wird wieder. Und das waren noch nicht mal alle, die ich auf den Letzten Metern in Schwierigkeiten gesehen habe. Ich glaube die Sonne und die Höhe forderten Ihren Tribut. Mir hingegen ging es super. Ich wusste ich komme oben an und das Ziel ist noch offen! Ein paar Fotos noch, kurz dem Dudelsack gelauscht und das leichte Gefälle hinab. Rums. Und ich lag auf der Schnauze. Ich hatte einen Tritt falsch gesetzt, und lag. Es schoss in die Wade. Au weia. Gut. Irgendwas was doll weh tut? Nein. Nur die Wade. OK. Das kenne ich. Hinstellen. Dreck abklopfen. Spur frei. Gehen. Aua. Gehen. Puh. Gehen. Ging. Laufen. Geht. Weiter. Glück gehabt. Jetzt noch einmal ein paar Meter hoch zur Schokolade. Ein Stück in den Mund. Da unten Marianne. Sie geht und wartet. Ich laufe den Hang hinab zu Ihr auf.
Wir strahlen uns an. Wir laufen zusammen hinab zum Speichersee. Noch mal kurz ein Stück gehen. Gefälle zum Ziel. Wir laufen. Km 42 steht auf einem Schild. Das Ziel ist greifbar. Wir laufen Hand in Hand über die Matte.
Marianne ich Danke Dir, dass Du mir durch Dein warten diesen tollen Moment ermöglicht hast.
Wir setzen uns hinter dem Ziel auf die Wiese und genießen die Sonne und die Pulle Isoplörre die man uns im Ziel überreicht hat. Herrlich.
Leider kommt die SMS mit der Zielzeit nicht. Egal. Was ist schon eine Zeit. Wir sind oben. Nachher hören wir, dass Ziel noch bis zu Zeiten von 7 Stunden offen geblieben ist. War also gar keine Eile geboten.
Duschen, eine Wurst und dann haben wir das Leben noch in vollen Zügen genossen. Was es noch zu indischen Verhältnissen gebraucht hätten wären Ziegen und Hühner im Zug und die Freigabe des Daches als zusätzliche Sitzfläche. Es war voll. Sehr voll. Und warm. Na gefühlter endloser Fahrt erreichten wir Grindelwald und konnten in einen geräumigeren Zug umsteigen. Wir hatten sogar einen Sitzplatz. Herrlich.
Leider musste Marianne direkt los, so dass wir keine Zeit hatten gemeinsam in Interlaken diesen Tag ausklingen zu lassen. Aber auch so wird mir dieser Lauf, mein 5tes Finish bei der Jungfrau, mein Frieden mit dem Lauf nach zwei DNF in Folge und insbesondere der gemeinsame Zieleinlauf für immer in schönster Erinnerung bleiben.
Die obligatorische Zubehör Messe

2005... Erinnerungen, meine erste Teilnahme


Das neue Zelt...nicht so schön wie damals im Casino

Für den Stressabbau vor dem Start ist gesorgt

...es gibt auch in Interlaken noch alte Häuser

Dieser Schuh wird da morgen nicht hochlaufen...

wahre Helden!!!

..früh übt sich

...durch das Wasser

Blick aus der Wand auf den Wasserfall von Lauterbrunn

auf dem Weg nach Wengen

...geschmücktes Wengen

so schön kann Strecke sein

..hier fängt Sie an die legendäre Moräne

ich war dort

...und so geht sie weiter die Moräne

und oben dann so

und auch dort war ich

...und der war auch da, und das ist gut!!

Blick zurück, wer genau hinsieht, sieht den Läuferwurm, ja waren noch welche hinter mir

Ich habe es geschafft

voller Zug zurück

Am Abend dann noch eine schöne Stimmung